Der Beitrag setzt sich konstruktiv mit einer Studie Harald Haferlands zur historischen Narratologie auseinander, die dieser auf dem Germanistentag in Bayreuth 2016 einem breiten Fachpublikum vorstellte. Haferland skizziert darin das vormoderne Erzählen als modular bzw. episodisch und gegenüber dem modernen Erzählen von einem auffallend brüchigen Raum-Zeit-Kontinuum geprägt. Die nachfolgenden Analysen greifen diese Ideen auf und diskutieren sie für einen spezifischen Erzähltyp, das legendarische Erzählen in Legendensammlungen. In ihren narratologischen Eigenheiten werden sowohl volkssprachliche Legenden eines mittelalterlichen Legendars, dem Der Heiligen Leben als auch Legenden moderner Legendensammlungen untersucht. Konkret werden die mittelhochdeutsche Antoniuslegende und die Margarethenlegende untersucht und mit Fassungen des 19. und 20. Jahrhunderts verglichen. Neben der exemplarischen Analyse der Antoniuslegende und der Katharinenlegende wird zudem die Legende eines modernen Märtyrers, Alois Grozde, fokussiert. Zudem wird zusätzlich noch das Erzählen einer modernen Legendensammlung analysiert, die für Kinder konzipiert ist. Es zeigt sich, dass die von Haferland beobachteten Differenzmerkmale von vormodernem und modernem Erzählen zwar auch auf diesen Gumbrecht‘schen Faszinationstyp zu treffen, allerdings gehen die Unterschiede nicht in einer Transformation des Erzählens auf. Vielmehr weisen die modernen Legendensammlungen eine andere Form der Textrepräsentation auf, eine die nicht narrativ, sondern deskriptiv verfährt. Es scheint, als würden moderne Legenden weniger als sinnstiftende Narrationen wahrgenommen, sondern vielmehr als informative Deskriptionen.
Alan : Filoloji
Dergi Türü : Uluslararası
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